Mein Orientierungssinn ist so legendär schlecht, dass ich mein ganzes Leben lang auf Karten angewiesen war. Das ist insofern von Nachteil, als dass ich überhaupt keine Karten lesen kann. “Beim Bund” habe ich das mal gelernt, ich habe sogar noch den Merksatz “Ran an den Baum, rauf auf den Baum” im Gedächtnis, ich habe jedoch vergessen mir zu merken, was er bedeutet.
Wie dem auch sei, so nutzlos Karten zur Orientierung sind, so interessant sind sie als kulturelles Gut. Die Welt verändert sich in rasendem Tempo, was einem manchmal erst bewusst wird, wenn man sich alte Karten ansieht. Gebäude verschwinden, ganze Städte verschwinden, ach, ganze Länder werden von der Zeit zermürbt und ihre Struktur lässt sich nur anhand vergilbter Pergamente nachvollziehen.
Webaffinen Historikern und Interessierten wird mit Old Maps Online nun ein Werkzeug zur Recherche an die Hand gegeben, das unglaublich umfangreich und zugleich denkbar simpel in der Handhabung ist.
Im angeschlossenen Blog wird Old Maps Online zutreffend als “Google for old maps” beschrieben, und so einfach ist es auch. Im Suchschlitz lässt sich ein beliebiger Ort eingeben, mit einem darunter stehendem Schieberegler außerdem noch der zu berücksichtigende Zeitraum eingrenzen. Dieser reicht zurück bis zum Jahr 1000.
Genau wie in Google Maps wird nun einfach eine Karte angezeigt. Der eigentliche Clou befindet sich jedoch in der Spalte auf der rechten Seite, in der auch gleich das Rätsel gelöst wird, woher das alte Kartenmaterial stammt.
In eben dieser rechten Spalte befinden sich alle verfügbaren historischen Karten der Region, die sich direkt anwählen und in einer Vollanzeige darstellen lassen. Fährt man über eine dieser Karten, wird auf der Hauptkarte in der Mitte angezeigt, welches Gebiet das alte Material umfasst. Anbei stehen die Metadaten wie das Erstellungsdatum und der Urheber der Karte. Und darüber ein Link zu der Institution, die die Karte bereitgestellt hat.
Old Maps Online ist nämlich ein Gemeinschaftsprojekt, dem sich bislang hauptsächlich britische und amerikanische Bibliotheken und Archive angeschlossen haben, die jeweils ihr Kartenmaterial zur Verfügung stellen. Dass dennoch auch Resteuropa sehr gut erschlossen ist, ist wohl hauptsächliche der tschechischen Moravian Library zu verdanken, die mich bei meinen Suchen nach Stuttgart, Lübeck und Flensburg mit sehr viel altem Material versorgte.
Old Maps Online ist mit mehreren hunderttausend Karten bereits sehr gut ausgestattet, aber noch längst nicht vollständig. Institutionen, die noch interessantes Material auf Lager im Archiv haben, können ihre Digitalisate einreichen, sofern sie bestimmte Kriterien erfüllen.
[Via Reddit/r/libraries]
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