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Hurra Deutschland! Wir sind Vorreiter — Im Copy & Paste

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Ein Kommentar

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Bild: bettyx1138 (cc)

Seit der WM ’06 sind ja nun bereits ein paar abnehmende Monde übers Land gewandert. Für diejenigen unter uns, die immer noch ein bisschen Deutschland „sind „und sich strikt weigern, die abgewetzte grau-blassrosa-blassgelbe Fahne vom Balkon zu nehmen, weil wir ja ein Völkchen sind die so allerlei Selbstgedichtetes und selbst Gedachtes hervorgebracht hat:

Schamesröte steige in euer Gesicht! Denn Deutschland assoziiert man im Ausland zwar nicht mehr mit Hitler, mit Goethe aber umso weniger, sondern seit einiger Zeit in erster Linie mit dreistestem Raubtier-Plagiatismus. Neben dem unsymphatischen Facebook-Ripoff StudiVZdessen diversen Ihr-Schoß-ist-noch-fruchtbar-Derivaten, neben allerlei twitter-Kopien, gefühlt dutzenden digg-Klonen, X deutschen Versionen von Flickr und YouTube, neben der Millionen fressenden Totgeburt quaero, die von allerlei europäischen Politikern mal als ernste Suchmaschinen-Alternative zu Google geplant (haha) war, neben den peinlichen Nachbauten eigentlich so jeden heißen Scheißes, von dem die Kunde der Benutzerbegeisterung über den großen Teich herüberweht…

… war es eigentlich nur eine Frage der Zeit bis endlich mal jemand eine ins deutsche übersetzte eins-zu-eins-Kopie von friendfeed auf den Markt bringt.

friendfeed ist ein Aggregator für den Output einer Person in verschiedenen sozialen Netzwerken, Web 2.0-Communities und Blogs. Soll heißen: Du legst dir einen Account an, gibst deinen Twitter-Account, last.fm-Benutzernamen, deine Blog-URLs, den del.icio.us-Login, deinen Alias in Flickr, und so weiter ein — fortan hat jeder die Produkte deiner Onlineaktivität gesammelt und übersichtlich auf einer Seite und kann sie sogar als Feed abonnieren. Falls einer der eigenen Freunde nicht bei FriendFeed angemeldet ist, kann man sie sich auch als „virtuellen“ Freund anlegen, also dessen Webidentitäten eigenhändig eingeben.

Soweit eigentlich eine nette Idee, sieht man mal davon ab, dass friendfeed die datenschutzrechtlich ziemlich bedenkliche Möglichkeit eröffnet wird, durch Verknüpfung diversester Profile Profiling Social Engineering in einem nicht bekannten Ausmaß zu betreiben. Sind ja auch ehemalige Google-Leute, die das betreiben.

Und jetzt kommt also: freundefeed! Und dreimal darfst du raten, was die für eine Geschäftsidee haben. Laut dem Typen, den techcrunch als irgendwie verantwortlich identifiziert hat, u.A.

Einen Feed für alle Aktivitäten eines Users im Internet, Pushing von User-Generated-Content, unterschwellige Advertising-Möglichkeiten (in-line advertising, affiliate) (…)

Unterschwellige Advertising-Möglichkeiten. Sehr sympathisch. Die eigentliche Frechheit ist aber meines Erachtens nicht einmal der Diebstahl der Geschäftsidee. Das ist ja leider Gottes Gang und Gäbe. Es kommt noch dicker.

Neben der tollen, innovativen Geschäftsidee und der tollen, innovativen Namenswahl, finde ich auch das Logo ((mittlerweile entfernt und durch den Schriftzug „updating …“ ersetzt)) toll und innovativ.

und, zum Vergleich, das Original:

Verdammt noch eins, seid ihr denn wirklich so unkreativ, Webentwickler aus deutschen Landen, dass ihr jede frische Idee bis zum Erbrechen neu aufkochen müsst, auf dass man in amerikanischen Tech-Blogs Zeilen liest wie

You haven’t arrived until your web application has a German clone, it seems.

Da ich mich entschlossen habe, diesen Artikel auf 1000ff statt im Craplog zu veröffentlichen, spare ich mir weitere jener Worte, die mir gerade auf der Zunge liegen und verweise nur auf Klonschaf Dolly, welches seinerzeit sehr früh den gerechten Tod der Kopie starb, die niemals besser als das Original sein kann. Einen ähnlichen Tod wünsche ich freundefeed.

Dabei gibt es doch auch wirklich gute Ideen in diesem Bereich, die andere noch nicht hatten und die sogar aus Deutschland kommen. NoseRub von Dirk Olbertz zum Beispiel. Im Prinzip vergleichbar mit friendfeed, nur dass es sich um ein offenes System handelt und man es auf dem eigenen Server hosten kann. Es gibt einen aufschlußreichen Screencast über NoseRub und — obwohl noch nicht getestet — den 1000ff-Segen obendrauf. Für die Lösung in der Onlineleben-Aggregier-Nische, welche moralisch am einwandfreisten daherkommt.

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